Von Wolfgang Weichert – Stuttgart. Wenn der große Sitzungssaal des Stuttgarter Rathaus voll ist, dann muss nicht unbedingt der Gemeinderat tagen. Am Dienstag, 3. September, lud die „Fraktion“ zur Vorstellung eine neuen Buchs des Journalisten Arno Luik ein. Der Titel: „Schaden an der Oberleitung“.
Stadtrat Tom Adler von der „Fraktion“ begrüßte das Publikum. Arno Luik stellte sein Buch im Gespräch mit Stefan Siller (bekannt vom SWR) vor. In dem Buch geht es nicht nur um das Bahnprojekt Stuttgart 21, sondern um das ganze Desaster bei der Deutschen Bahn, wobei am Ort des Geschehens das Thema Stuttgart 21 naturgemäß einen größeren Rahmen erhielt. Die eindeutige Empfehlung des Abends: „Lesen Sie bitte das Buch nicht, bevor Sie schlafen gehen.“
Das Desaster der Deutschen Bahn ist kein Versehen, ist auf der Webseite des Westend Verlag zu lesen. Weiter steht dort: „Es gibt Täter. Sie sitzen in Berlin. In der Bundesregierung, im Bundestag. Und seit Jahren im Tower der Deutschen Bahn. Kritik an der Deutschen Bahn bleibt oft stehen bei lustigen Englischfehlern, falschen Wagenreihungen oder ausfallenden Klimaanlagen. Doch die Malaise liegt im System: Seit der Bahnreform im Jahr 1994, nach der die Bahn an die Börse sollte, handeln die Bahn-Verantwortlichen, als wollten sie die Menschen zum Autofahrer erziehen. Arno Luik, einer der profiliertesten Bahn-Kritiker, öffnet uns mit seinem Buch die Augen. Konkret geht es um Lobbyismus,
Stuttgart 21, um Hochgeschwindigkeitszüge, um falsche Weichenstellungen, kurz: um einen Staatskonzern, der außer Kontrolle geraten ist. 10 Milliarden jährlich pumpen wir Steuerzahler in die Deutsche Bahn – dafür ist sie dann in 140 Ländern der Welt im Big Business tätig. Aber hierzulande ist die Bahn eine echte Zumutung: Die Züge fahren immer unpünktlicher, oft fahren sie gar nicht und manchmal sind sie ein Risiko für unser Leben.“
Am Dienstag war auch der Brandschutzexperte Hans-Joachim Keim anwesend. Keim wurde bekannt durch seine Analyse der Brandkatastrophe von Kaprun am 11. November 2000, bei der im Tunnel der Standseilbahn zum Kitzsteinhorn 155 Menschen ums Leben kamen. Er wird in Luiks Buch zum Thema Brandschutz im neuen Tiefbahnhof und seinen Tunneln zitiert. Keim lässt kein gutes Haar am Brandschutzkonzept von Stuttgart 21.
Bei der Buchvorstellung ging es auch um defekte Züge, das Fahren der Bahn auf Verschleiß und um das Desaster im Rheintal. Außerdem wurde kurz auf die Herren Helmut Mehdorn und Roland Pofalla eingegangen.
Fotos: Wolfgang Weichert
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