Backnang/Erbstetten. Das Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr hat einen zweiten offenen Brief an die Friedrich Müller Omnibusunternehmen GmbH geschrieben (der erste Brief kann hier nachgelesen werden). Dieser nimmt Bezug auf die Verurteilung des rassistischen Busfahrers Dmitrij M. durch das Amtsgericht Backnang vergangene Woche (wir berichteten). M. hat laut Urteil einen Geflüchteten als „Scheiß Neger“ beschimpft, ihn krankenhausreif geschlagen und anschließend mit seinem Handy fotografiert. Zunächst wollte die Friedrich Müller Omnibusunternehmen GmbH das Ende der polizeilichen Ermittlungen abwarten (siehe Artikel der Backnanger Kreiszeitung vom 2. Februar: https://www.bkz.de/nachrichten/streit-im-bus-rassismus-als-motiv-5225.html) und ist nun gefordert, die Öffentlichkeit über das Beschäftigungsverhältnis zu M. aufzuklären und es – sollte es noch bestehen – zu beenden.
Der offene Brief im Wortlaut:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
im Januar diesen Jahres ereignete sich der tätliche Angriff eines Angestellten Ihres Unternehmens auf einen Geflüchteten in Erbstetten. Dabei griff der Busfahrer Dmitrij M. den nigerianischen Geflüchteten Paul* während der Dienstzeit tätlich an und traktierte ihn mit Faustschlägen, nachdem er seinem Fahrgast die mitgeführte Pizza entrissen hatte. Erst beherzt eingreifende Passanten konnten diese Attacke beenden. Als sein Opfer blutend am Boden lag, fotografierte M. den Geflüchteten, der von einem Krankenwagen fortgebracht werden musste, zu allem Übel hämisch mit dem Smartphone ab.
Herr M. ist mittlerweile zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Dass der Geruch einer verpackt mitgeführten Pizza, so wurde es bei dem Gerichtstermin verhandelt, den Busfahrer provoziert und andere Fahrgäste belästigt haben soll, halten wir für einen vorgeschobenen und nicht glaubhaften Begründungsversuch. Die Tatsache, dass Paul* zum Tatzeitpunkt der einzige Mensch im Fahrgastraum war, ist aber nicht die einzige bislang ignorierte Auffälligkeit dieser Affäre.
Wir halten für unbestreitbar, dass rassistische Aggressionen bei M.s Prügelattacke die zentrale Rolle gespielt haben. Seine Sympathien für radikal rechte AfD-Politiker oder die NPD präsentierte M. schon früher für jeden einsehbar auf seinem Profil in einem Sozialen Netzwerk. M. gab vor Gericht auch zu, Paul als „Scheiß Neger“ beschimpft zu haben, seine Reue zeigte er nur gegenüber der Richterin, nicht vor Paul*, vor dem er sich bisher nicht entschuldigte.
Der besagte Angriff steht aber auch im Zeichen der rechtspopulistisch aufgeheizten Stimmung in unserer Gesellschaft. Durch Wahlerfolge der AfD, reaktionäre Echokammern im Internet etc. werden Personen mit falschen Überzeugungen die Hemmungen genommen, radikal rechte Dinge zu sagen und zu tun. Auch M.s gegen People of Colour gerichteter Rassismus bezeugt, dass Personen mit exklusiven und menschenverachtenden Auffassungen wieder stärker die Gesellschaft gegen ihre vermeintlichen Feinde aufhetzt.
Das Friedrich Müller Omnibusunternehmen wollte nach Stand vom 2. Februar (siehe „Streit im Bus – Rassismus als Motiv?) diesen Jahres „das Ende der polizeilichen Ermittlungen abwarten“. Als von rund 20 Organisationen getragenes Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr fordern wir jetzt nach Urteilsverkündung Ihr Unternehmen auf, die Öffentlichkeit über ihr Arbeitsverhältnis zu Dmitrij M. aufzuklären und dasselbe im Falle einer Weiterbeschäftigung zu beenden. Den ersten Brief unseres Bündnisses Zusammen gegen Rechts Rems-Murr, in dem wir eine Positionierung ihres Unternehmens gegen Rassismus und Ihre öffentliche Entschuldigung bei dem betroffenen Fahrgast einforderten, ignorierte das FMO vollkommen. Einen fremdenfeindlichen Verbrecher, der keine Reue zeigt, dürfen wir in unserer Mitte niemals dulden.
Zusätzlich erneuern wir unseren Appell an Sie, Position gegen rassistische Umtriebe zu beziehen und sich in transparenter Weise bei dem Betroffenen rechter Gewalt zu entschuldigen.
Mit freundlichen Grüßen
Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr
* Namen geändert“
Mitglieder des Bündnisses:
Amnesty International Waiblingen
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistische Linke (Antiautoritäre) Rems-Murr
Attac Fellbach
DGB Ortsverband Fellbach
DGB Rems-Murr
Die Linke Kernen-Fellbach
Die Linke Rems-Murr
DKP Rems-Murr
IG Metall Rems-Murr
Initiative Rems-Murr nazifrei!
linksjugend[‘solid] Rems-Murr
Jusos Rems-Murr
MLPD Ludwigsburg/Rems-Murr
Offenes Antifaschistisches Treffen Rems-Murr
ÖkoLinx – ARL Ludwigsburg
VVN-BdA Rems-Murr
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
und Einzelpersonen
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