Göppingen. Nach einem Gerangel sollen Unbekannte am Sonntag, 19. November, eine Gruppe von Neonazis aus dem Göppinger Oberhofenpark vertrieben haben. Die Neonazis hatten sich mit Fackeln am Kriegerdenkmal aufgestellt, um gefallene Soldaten der NS-Zeit zu ehren. Bei einem erneuten Aufeinandertreffen unweit der Stadthalle wurde nach Polizeiangaben eine Person schwer verletzt. Sie musste in eine Klinik gebracht werden. Die Ermittlungsbehörden geben sich bedeckt, schließen jedoch einen möglichen politischen Hintergrund nicht aus.
Seit Jahren wird über das Göppinger Kriegerdenkmal im Oberhofenpark gestritten. Ist es angemessen, zu heldisch oder stellt es sogar Nazi-Kunst dar? Immer wieder gab es Kundgebungen, Treffen und Demonstrationen von aktiven Neonazis aus dem Kreis Göppingen bei dem Denkmal. So offenbar auch am Sonntag, dem Volkstrauertag.
Neonazis ergreifen die Flucht
Neonazis, die mit angezündeten Fackeln gefallene Soldaten des Naziregimes ehren wollten, wurden gegen 17.50 Uhr von einer 15-köpfigen, vermutlich der linken Szene zuzurechnenden Gruppierung gestört. Im Lauf der Auseinandersetzung gelang es der größeren Gruppe, die kleinere sechsköpfige Neonazitruppe aus dem Park mit dem umstrittenen Kriegerdenkmal zu vertreiben.
Im Bereich der Östlichen Ringstraße sollen die beiden Gruppierungen erneut aufeinandergetroffen sein. Anwohner, die auf das Geschehen aufmerksam geworden waren, verständigten die Polizei. Bei der erneuten Auseinandersetzung soll aus der Gruppe der Verfolger, die nach Angaben der Neonazis vermummt und mit Baseballschlägern ausgestattet waren, Pfefferspray versprüht worden sein.
Anschließend seien die Verfolger zu Fuß zur Stadthalle geflüchtet, dort in mehrere Fahrzeuge gestiegen und in Richtung Hohenstaufenstraße weggefahren, gaben die Neonazis bei der Polizei zu Protokoll. Die Beamten fahndeten sofort mit mehreren Streifen nach den Angreifern, heißt es in der Pressemitteilung des Präsidiums. Bei dem erneuten Aufeinandertreffen unweit der Stadthalle sei eine Person so schwer verletzt worden, dass sie in eine Klinik gebracht werden musste.
Ermittlungsbehörden geben sich bedeckt
Die Pressestelle des für Göppingen zuständigen Polizeipräsidiums Ulm hielt sich auf Nachfrage der Redaktion sehr bedeckt – aus ermittlungstaktischen Gründen, wie es hieß. Ein möglicher politischer Hintergrund der Auseinandersetzung werde jedoch nicht ausgeschlossen, so das Polizeipräsidium.
Die Neonazigruppe hatte noch vor Veröffentlichung der Pressemeldung des Polizeipräsidiums Bilder ihres Treffens in Göppingen auf einer Facebook-Seite „Aktionsblog Württemberg“ veröffentlicht. Auf den Fotos sind einzelne Personen auch erkennbar. In Göppingen hätten sich „volkstreue Männer und Frauen am örtlichen Kriegerdenkmal“ versammelt. Man habe Fackeln entzündet, eine Ansprache gehalten und „in Stille der tapferen Soldaten gedacht, die für Volk und Vaterland hinaus in den Krieg zogen“.
In der Region war die inzwischen verbotene Gruppierung „Autonome Nationalisten Göppingen“ aktiv. Ein Teil der ehemaligen Mitglieder engagieren sich heute beim „Dritten Weg“. Die Initiative „Kreis Göppingen nazifrei“ und „Amnesty International“ versuchen immer wieder, Aufklärung über Naziaktivitäten und Prävention im Kreis zu etablieren. Sie stoßen jedoch immer rasch an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Auch das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region AABS engagiert sich in Göppingen gegen Neonazis (siehe hierzu „Rechte Anschläge müssen aufgeklärt werden“ und „Kundgebung gegen den „dritten Weg“„).
Während in Göppingen weiterhin Neonazis ihr Unwesen treiben, sprechen Ermittlungsbehörden und Stadtverwaltung davon, es handle sich nur um einen kleinen Haufen „rechter Schergen“ – so Oberbürgermeister Guido Till -, die aus den umliegenden Gemeinden stammen.
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