Von Franziska Stier & František Matouš – Basel. Trotz dunkler Wolken trugen auch in diesem Jahr die links-alternativen Quartiere St. Johann und Kleinbasel den Kampf um die die Vormachtstellung in Basel mit einer Wasserschlacht aus.
Das Kleinbasel mobilisierte seine MitstreiterInnen mit einem angriffigen Video via Facebook. Dem Aufruf für Samstag, 12. August, folgten in diesem Jahr rund 300 Personen. Das St. Johann machte per SMS mobil und bot seine Horden in orangefarbenen Leuchtwesten auf. Doch nur teilweise gelang es ihnen, MitstreiterInnen zu finden. Unklar ist, ob das Fernbleiben der Großbasler KämpferInnen der Teamfarbe orange, der Ferienabwesenheit oder den Niederlagen der vergangenen Jahre anzulasten ist.
Die personelle Schwäche versuchten die 4056er mit unlauteren Mitteln wettzumachen. Deutlich vor 15 Uhr, dem offiziellen Schlachtbeginn, überquerten sie die Mitte der Dreirosenbrücke, die von einem Transparent „Make Love nit wohr“ (Anmerkung der Redaktion: Eine Mischung aus Englisch und Baseldeutsch) gekennzeichnet war. Sie drangen damit unlauter ins benachbarte Kleinbasel vor.
Die Kleinbasler Zuschauerin Aleksandra Sibnefuvić beschrieb den Zustand folgendermaßen: „Die Motherfuckers haben beschissen. Aber jetzt gehen wir den Sieg feiern.“ Ähnlich kommentierten das auch andere Teilnehmende und ZuschauerInnen aus dem Kleinbasel.
Gebrüll, Feuer und Wasser
Der Großbasler Politfotograf Frantisek M. schätzt den Schlachtausgang anders ein. Er beschreibt den Siegeszug des Großbasels: „Mit Gebrüll, Feuer und Wasser stürzten sich die 4056er Truppen auf die zögerlichen KleinbaslerInnen, welche durch dauernde Niederlagen verunsichert, beinahe von der Brücke gedrängt werden konnten. Doch so einfach sollte der diesjährige Sieg nicht werden. Von ihrem Barden Benji angefeuert, konnten die Kleinbasler mit ihrer Überzahl den disziplinierten Angriff nicht nur stoppen, sondern auch unter Aufbietung aller Mittel, mit Nahkämpferinnen, Schleuderern, Katapulten und Kampfwägen die nur leicht ausgerüsteten Großbasler mehrmals zurück werfen.“ Der Sieg sei jedoch unbestritten, erklärt er schmunzelnd in einem Streitgespräch mit der Kleinbasler Autorin.
In ihrem Furor vermischten sich die Kämpfenden bald untereinander und spritzten – zum Teil ihrer Kleidung entledigt – wild um sich. Die Tapfersten fielen, flüchteten, rüsteten nach und stürzten sich erneut in die Schlacht. Erst als die Vorräte an Wasser auf beiden Seiten aufgebraucht waren, machte sich die Ermüdung der Erwachsenen bemerkbar. Lediglich die Kleinsten unter ihnen konnten gegen Ende noch punkten.
Nicht unpolitisch, nur eben nicht langweilig
Die Basler Wasserschlacht ist ihrem Ursprung nach ein sehr politisches Projekt. 2013 begann eine intensive Aufwertungswelle des St. Johann-Quartiers, sodass Freiräume und günstiger Wohnraum den Bedürfnissen des Pharmariesen Novartis weichen mussten. Parallel dazu gab es auch „Stadtaufwertungsprojekte“ im Kleinbasel. Quartiere, in denen Wohnraum aktuell noch bezahlbar ist und man Plätze der Begegnung findet, weichen immer mehr der Spekulation oder kommerzieller Nutzung.
Die beliebte Abkühlung, die sich „befreundet-verfeindete“ Quartiere jedes Jahr auf der Dreirosenbrücke scheinbar befreit von Politik liefern, ist also durchaus politisch motiviert. Schon zu Beginn ging es um eine Form der Wiederaneignung von Stadt als Lebensraum und der gemeinsamen Gestaltung. Sie ist ein kleiner Bruch mit dem Bestehenden.
Selbstbestimmt und ohne Gängelei
Regeln und die Form der Austragung entscheiden die Teilnehmenden selbst und nicht Ordnungsämter, Polizei oder Schiedsrichter. Viele kleine Gruppen und Einzelpersonen gestalten dieses Event und machen es lebhaft und bunt. Mittlerweile nehmen längst nicht nur GentrifizierungsgegnerInnen und politisch Aktive daran teil. In erster Linie geht es um den gemeinsamen Spaß. Und wer sagt eigentlich, dass Politik nicht nass machen darf?
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