Karlsruhe. Die Bundesregierung darf Abgeordneten nicht in jedem Fall Auskünfte zum Einsatz von V-Leuten mit Hinweis auf eine Gefährdung des Staatswohls und deren Grundrechte verweigern, wenn ihre Enttarnung droht. „In eng begrenzten Ausnahmefällen“ könne das parlamentarische Informationsinteresse überwiegen, stellte das Bundesverfassungsgericht jetzt fest. Das gelte dann, „wenn aufgrund besonderer Umstände eine Gefährdung grundrechtlich geschützter Belange und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste nicht ernsthaft zu befürchten ist“. Geklagt hatten die Bundestagsfraktionen der Grünen und der Linken wegen verweigerter Auskünfte zum Oktoberfestattentat.
Der Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts wurde am Dienstag, 18. Juli, veröffentlicht. Der Senat stellte fest, dass die Bundesregierung die beiden Bundestagsfraktionen und den Bundestag teilweise in ihren Rechten verletzt hat, als sie sich auf das Staatswohl und die Grundrechte verdeckt handelnder Personen berief und sich weigerte, Anfragen zu nachrichtendienstlichen Erkenntnissen zum Oktoberfestattentat vollständig zu beantworten.
„Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil die demokratischen Rechte des Parlaments gestützt und klargemacht, dass die Geheimhaltung der Bundesregierung das Auskunftsrecht des Parlaments verletzen kann“, sagte Martina Renner, Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion über die Karlsruher Entscheidung. Renner weiter:
„Es liegt unter anderem an dieser Betriebskultur der Vertuschung und Verweigerung, dass mit dem Oktoberfestattentat 1980 der schwerwiegendste Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik noch immer nicht aufgeklärt ist. In ihrem Bemühen, dem Parlament immer mehr Auskünfte zu verweigern, macht sich die Regierungskoalition zur Erfüllungsgehilfin der Geheimdienste. Deren Interesse, ohne parlamentarische Kontrolle mit mehr als fragwürdigen Methoden operieren zu können, darf in einer Demokratie nicht schwerer wiegen als das Auskunftsinteresse des Parlaments.
Ich hoffe, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen Wendepunkt in der Haltung der Bundesregierung markiert. Wir werden weiterhin unbequeme Fragen stellen und erwarten zukünftig auch Antworten darauf. Die Opfer und ihre Angehörigen verdienen Aufklärung.“
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http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/bvg17-060.html
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