Stuttgart. „Ernest“, aktives Mitglied der Initiative der SeniorInnen gegen Stuttgart 21, musste für zwei Tage in Erzwingungshaft. Grund war eine Strafe von 75 Euro nach einem Frühstück am Bauzaun, bei dem es zu einer Auseinandersetzung mit einem Lastwagenfahrer kam. Das teilt die Initiative mit. Am Dienstag, 23. Mai, stehe ein weiterer Gerichtstermin in dieser Sache an: „Ernest“ hatte den Fahrer angezeigt. Nun werde ihm „falsche Verdächtigung“ vorgeworfen.
Das Frühstück am Bauzaun gibt es seit fast sieben Jahren jeden Dienstagmorgen vor der Einfahrt zur S21-Baustelle. Im Dezember 2015 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen „Ernest“ und einem Lastwagenfahrer. Nach Angaben der Initiative wollte der Fahrer die Einfahrt am Nordausgang des Bahnhofs erzwingen, obwohl eine andere Zufahrt zur Baustelle frei gewesen wäre.
Der Mann sei mit seinem LKW langsam in Richtung Einfahrt gefahren und habe dabei den Senior etwa einen Meter geschoben, bis andere Kundgebungsteilnehmer den Fahrer zum Stoppen bringen konnten. Der Lastwagenfahrer sei dann aus dem Wagen ausgestiegen und habe versucht, „Ernest“ grob aus dem Weg zu zerren. Letztendlich räumte die Polizei die Einfahrt.
Bereits im April 2016 gab es eine Verhandlung vor dem Stuttgarter Amtsgericht. Der Aktivist wurde zu einer Bußgeldzahlung von 75 Euro verurteilt, weil er nicht freiwillig von der Einfahrt weggegangen sei. „Die Richterin ließ Ernest bei dem Prozess nicht zu Wort kommen oder eigene Zeugen laden. Das ist rechtlich nicht zulässig, doch eine Rechtsbeschwerde ist erst ab einer Strafe von 250 Euro möglich“, so die ‚“SeniorInnen gegen S21″.
„Ernest“ erklärte dazu: „Statt mich wegen 75 Euro zwei Tage ins Gefängnis zu stecken, sollten die Behörden lieber den LkW-Fahrer, der mich, weil er keinen Umweg fahren wollte, fast überfahren und weggezerrt hat, rechtlich belangen. Ich engagiere mich für den Stuttgarter Kopfbahnhof und die Parkanlagen. Der Vorgang, wie es zum Beschluss einer Tieferlegung des Bahnhofs kam, ist verfassungswidrig. Und es ist meine Pflicht, die Menschen in Stuttgart über den Hintergrund und die Fehler des Projekts S21 zu informieren. Mir wurde vor Gericht unzulässigerweise das Wort verweigert und nur, weil meine Strafe so gering ist, kann ich dagegen nicht vorgehen. Deshalb werde ich keine Zahlung freiwillig leisten.“
Am Dienstag, 23. Mai, steht „Ernest“ nun erneut vor Gericht. Er hatte den Lastwagenfahrer wegen Körperverletzung angezeigt. Diese Anzeige wurde allerdings nicht verfolgt. Stattdessen wird „Ernest“ „falsche Verdächtigung“ des LkW-Fahrers vorgeworfen. Die Gerichtsverwandlung beginnt um 9 Uhr im Amtsgericht in der Hauffstraße 5, Sitzungssaal 103/1. OG.
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