Karlsruhe. Am 17. August 1956 fällte das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der Regierung Adenauer das Verbotsurteil gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Die von Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Wilhelm Pieck 1918 gegründete KPD war bereits unter Hitler 12 Jahre verboten gewesen. Von den 300 000 Mitgliedern der KPD waren etwa 150 000 in Konzentrationslagern oder Zuchthäuser gesperrt und circa 30 000 umgebracht worden. Der KPD-Vorsitzende, der Hamburger Hafenarbeiter Ernst Thälmann, wurde auf direkten Befehl Hitlers nach 11 Jahren Einzelhaft im August 1944 liquidiert. Mit einer Demonstration und Kundgebung am 10. September um 15 Uhr auf dem Karlsruher Ludwigsplatz fordert die DKP, das KPD-Verbot aufzuheben.
Es sprechen: Patrik Köbele (Vorsitzender der DKP), Karin Binder (MdB „Die Linke“), ein/e VertreterIn der Französischen Kommunistischen Partei beziehungsweise der Kommunistischen Partei Luxemburg.
Veranstaltung um 17 Uhr, „Walhalla“, Augartenstraße 27
Bei der Veranstaltung werden ehemalige KPD-Mitglieder über Verfolgung, Haft und Kampf in der Illegalität berichten.
Es spricht: Dr. Hans-Peter Brenner (stellvertretender Vorsitzender der DKP). Anschließend Podiumsgespräch und Interviews von Vertretern der SDAJ über die illegale Arbeit in DKP und FDJ und Erfahrungen mit der Verfolgung durch die Adenauer-Regierung. An dem Gespräch nehmen teil:
Willi Gerns (gehörte der illegalen FDJ- und KPD-Führung, später dem KPD-Präsidium an, saß unter Adenauer im Gefängnis), Heidi Hummler (arbeitete in der FDJ, KPD und DKP), Herbert Mies (gehörte der illlegalen FDJ und der KPD-Führung an, von 1973 bis 1990 DKP-Vorsitzender).
Der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele sagte zum Jahrestag des Verbots am 17. August:
Vor 60 Jahren verbot das Bundesverfassungsgericht die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Das Verbot war der Höhepunkt und die juristische Grundlage dafür, dass die Adenauer-Regierung zehntausende Kommunistinnen und Kommunisten, Demokratinnen und Demokraten einsperren und verurteilen ließ.
Als Adenauer mit Unterstützung der USA Deutschland spaltete und den westdeutschen Separatstaat gründete, kämpfte die KPD für die Einheit unseres Landes. Als unter Adenauer die alten Nazis wieder zu Richtern und Staatssekretären wurden, kämpfte die KPD für ein demokratisches Deutschland. Als Adenauer dem alten deutschen Imperialismus eine neue Armee geben wollte, kämpfte die KPD an der Spitze einer Massenbewegung gegen die Remilitarisierung. Die Bundesregierung ließ die KPD verbieten, weil die KPD für ein einheitliches, antifaschistisches und demokratisches, friedliches Deutschland stand.
Die Kommunistinnen und Kommunisten kämpften trotz Verbot gegen den reaktionären Adenauer-Kurs – im Untergrund, im Gefängnis, im DDR-Exil. Als sich 1968 die Stimmung im Land verändert hatte, konnten sie erneut eine legale Partei bilden – die DKP. Das KPD-Verbot bleibt – es ist eine Waffe, mit der dieser Staat bis heute droht: Wer von gesellschaftlichen Veränderungen nicht nur redet, sondern dafür kämpft, kann im Gefängnis landen. Wenn wir heute fordern, dass KPD-Verbot aufzuheben, geht es nicht nur darum, vergangenes Unrecht aufzuarbeiten. Es geht um die Zukunft – um unser Recht, auch ohne Erlaubnis der Bundesregierung für eine andere Gesellschaft zu kämpfen. Darum gehen wir am 10. September auf die Straße, darum rufen wir auf sich daran zu beteiligen.
Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, erklärte anlässlich des 60. Jahrestags des KPD-Verbots vom 17. August 1956:
Weder in der gesellschaftlichen Debatte noch im offiziellen Gedenken der Bundesrepublik spielen die Folgen des fanatischen Antikommunismus der 50er und 60er Jahre eine Rolle. Es ist jetzt an der Zeit, die nach wie vor bestehenden Leerstellen zu füllen und die Geschichte des Kalten Krieges umfassend aufzuarbeiten. Bundesregierung und Bundestag täten gut daran, das Unrecht offiziell anzuerkennen, sich bei den Opfern zu entschuldigen und sie zu rehabilitieren.
Allein die Tatsache, dass zwischen 1951 und 1968 gegen Kommunisten fast siebenmal so viele Urteile wie gegen NS-Täter gefällt wurden, obwohl die Nazis Millionen Menschen ermordet hatten, während man westdeutschen Kommunisten ihre Gesinnung und allenfalls politische Straftaten wie Landesverrat vorwarf, spricht Bände. Was es aber für jemanden bedeutete, wegen seiner politischen Überzeugung von demselben Richter im Nationalsozialismus ins KZ und nach dem KPD-Verbot in ein westdeutsches Gefängnis geworfen zu werden, ist für uns heute kaum nachvollziehbar. Um wenigstens spät etwas Gerechtigkeit walten zu lassen, muss endlich eine Rehabilitierung der Opfer erfolgen.
Das KPD-Verbot stellte zudem einen europäischen Sonderweg dar. Abgesehen von den Diktaturen in Spanien, Griechenland und Portugal gab es nirgendwo in Westeuropa ein derart massives Vorgehen gegen Kommunisten. Undenkbar wäre es etwa gewesen, die Kommunistische Partei Frankreichs zu verbieten oder KP-Vorsitzende wie Palmiro Togliatti in Italien zu verhaften.
Die Einrichtung eines Forschungsverbunds ‚Opfer der politischen Justiz und Auswirkungen des Kalten Krieges in Westdeutschland‘ wäre ein richtiger Schritt zur dringend nötigen Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der deutschen Nachkriegsgeschichte. Spannend dürfte auch sein, was durch die wissenschaftliche Auswertung der bislang unter Verschluss gehaltenen internen Vermerke und Richtervoten ans Licht kommen wird. Insbesondere die Frage, inwieweit über den damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer und dessen Umfeld versucht wurde, Einfluss auf das Verfassungsgericht zu nehmen, sollte geklärt werden.
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