Stuttgart. Der Südwest-Rundfunk (SWR) plant für Donnerstag, 10. März, eine „Elefantenrunde“ der Spitzenkandidaten zur baden-württembergischen Landtagswahl im SWR-Fernsehen – und zwar offensichtlich ohne einen Vertreter oder eine Vertreterin der Linken, immerhin einer Bundestagspartei. Dagegen wehrt sich die Linke in einem offenen Brief an den SWR-Intendanten Peter Boudgoust. Besonders pikant: Bei dem Sender gibt es Überlegungen, neben den Vertretern der vier derzeitigen Landtagsparteien – CDU, Grüne, SPD und FDP – auch die AfD einzuladen.
In Umfragen wird die AfD derzeit zwischen 6 und 8 Prozent gehandelt, die Linke zwischen drei und fünf Prozent. Der SWR hält sich die Entscheidung über die Zusammensetzung seiner Spitzen-Runde noch offen. Als er die Landtagsparteien von dem geplanten Termin unterrichtete, soll auch der Zusatz „sowie die Spitzenkandidaten der aussichtsreichen Parteien“ in dem Brief gestanden haben.
„Bei der öffentlichen Diskussion um die Rolle der AfD kam in den vergangenen Wochen mehrfach der Anschein auf, dass der SWR zwar die reine Umfragepartei AfD zur Sendung einladen wolle, aber DIE LINKE aussperren wolle, obwohl DIE LINKE sowohl im Bundestag als Oppositionsführerin, als auch in vielen Kreistagen und Gemeinderäten in Baden-Württemberg vertreten ist“, argumentiert die Linke. Ihr offener Brief ist von Landesgeschäftsführer Bernhard Strasdeit unterschrieben.
Die Linke fordert, dass ihr Spitzenkandidat und Bundesvorsitzender Bernd Riexinger zu der Fernseh-Diskussion eingeladen wird. Der SWR dürfe seine Funktion, unabhängig zu informieren, nicht einbüßen. Auch erinnert die Linke daran, dass die FDP derzeit nicht im Bundestag vertreten ist. Bei gleicher Entscheidungsgrundlage könnte sie also im nächsten Jahr vor der Bundestagswahl ebenfalls nicht zur Runde der Spitzenkandidaten zugelassen werden könnte.
Allerdings handhaben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Besetzung ihrer Spitzenrunden unterschiedlich. Das bringt den SWR umso mehr unter Druck. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) lädt vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt nur die Spitzenkandidaten der Landtagsparteien – CDU, die Linke, SPD und Grüne – am 7. März zu seinem Wahlpodium ein – nicht jedoch die außerparlamentarische AfD, die derzeit in Sachsen-Anhalt auf 13,5 Umfrage-Prozent kommt.
Der offene Brief der baden-württembergischen Linken im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Boudgoust,
für die SWR-Fernsehrunde der Spitzenkandidaten zur Landtagswahl am 10. März 2016 gibt es bislang keine Einladung an DIE LINKE. Bereits mit Schreiben vom 31. Juli 2015 haben wir diese Entscheidung kritisiert und darum gebeten, eine Teilnahme von Herrn Riexinger an dieser Diskussion zu ermöglichen.
Wir wiederholen diese Forderung nun öffentlich und führen dafür folgende Gründe an:
1. DIE LINKE ist im Deutschen Bundestag Oppositionsführerin und drittstärkste Fraktion (vor den Grünen).
2. Aus Baden-Württemberg ist DIE LINKE mit einer fünfköpfigen Landesgruppe im Bundestag vertreten.
3. DIE LINKE ist in Baden-Württemberg kommunalpolitisch präsent unter anderem in allen Großstädten, im Regionalparlament Stuttgart und in 21 Kreistagen.
4. DIE LINKE liegt in Wahlumfragen zur Landtagswahl mal bei drei, mal bei vier, mal bei fünf Prozent. Es besteht somit die reale Chance, in den Landtag einzuziehen.
5. DIE LINKE tritt in allen 70 Wahlkreisen an.
6. Mit Gökay Akbulut (Stadträtin aus Mannheim) und Bernd Riexinger (Parteivorsitzender) haben wir ein interessantes Spitzenteam.
7. Das öffentliche Interesse bei der Landtagswahl ist auf alle im Landtag und im Bundestag vertretenen Parteien gerichtet.
Ihr ursprüngliches Vorhaben, ausschließlich die im Landtag vertretenen Parteien an dieser Runde teilnehmen zu lassen, halten wir für einen öffentlich-rechtlichen Sender nicht für haltbar. Nun gibt es nach Presseberichten eine Nachjustierung zugunsten der AfD, obwohl diese eine reine Umfragepartei ist und weder im Landtag noch im Bundestag über Mandate verfügt. Unsere Teilnahme wurde offensichtlich nicht erwogen. Das ist mehr als befremdlich.
Wir fragen uns, ob der Sender hier dem Druck der Spitzenkandidaten der Regierungsparteien nachgegeben hat, die nicht mit oppositionellen Positionen von links konfrontiert werden wollen. Was der zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger dieser Tage gegenüber der polnischen Regierung einforderte, muss aus unserer Sicht auch für Baden-Württemberg gelten: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf seine Funktion nicht einbüßen, nämlich die Bürger unabhängig zu informieren.“
Wir geben weiter zu bedenken: Nächstes Jahr ist Bundestagswahlkampf. Die FDP ist derzeit nicht im Bundestag vertreten. Wir gehen davon aus, dass die FDP dennoch, so im Landtag vertreten, in die traditionelle SWR-Spitzenrunde zur Bundestagswahl eingeladen wird. Umgekehrt müsste DIE LINKE als Bundestagspartei im Landtagswahlkampf eine entsprechende Berücksichtigung finden.
Wir erwarten aus den genannten Gründen eine Korrektur Ihrer Entscheidung. Zu einem Gespräch stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Strasdeit
Landesgeschäftsführer
Folge uns!