Berlin. Eine russische Motoradfahrer-Vereinigung wollte zum 70. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg eine Gedenktour von Moskau nach Berlin unternehmen. Die Mitfahrer erhielten jedoch keine Visa. Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten zeigt sich in einer Erklärung darüber empört – ebenso über Geschichtsverfälschung, wie sie in jüngerer Zeit von polnischen und ukrainischen Politikern betrieben wurde, ohne auf Widerspruch seitens der Bundesregierung zu stoßen.
Wie „Spiegel-online“ und weitere Medien berichten, hat Russland inzwischen von Polen eine Erklärung dafür gefordert, dass die Regierung in Warschau die Fahrt der „Nachtwölfe“ an der Grenze gestoppt hat. Diese Entscheidung könne „als Frevel gegenüber dem Heldentum der sowjetischen Soldaten in ihrem Kampf gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg angesehen werden“.
Die 20 russischen Motorradfahrer seien nach eigenen Angaben an der Grenze stundenlang festgehalten und von polnischen Beamten gefilzt worden. Polnische Biker, die sich mit ihnen solidarisierten, haben laut „Spiegel-online“ dagegen protestiert. Einige von ihnen hätten sich stellvertretend für die „Nachtwölfe“ auf den Weg gemacht, den polnischen Teil der Tour zu fahren. Erstes Ziel sei das Grab des unbekannten Soldaten in Warschau gewesen. Breslau und Auschwitz sollten folgen.
In einigen Presse- und Fernsehberichten wurden die „Nachtwölfe“ als nationalistisch, Wladimir Putin nahestehend und möglicherweise auch homophob dargestellt. Sie werden meist wahlweise als „Kreml-Rocker“ oder „Putin-Biker“ bezeichnet.
Wir dokumentieren die Erklärung der FIR im Wortlaut:
Mit großer Irritation und Empörung haben wir, die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten, die Entscheidungen der deutschen Bundesregierung und des polnischen Außenministeriums zur Kenntnis nehmen müssen, der Gedenktour aus Anlass des 70. Jahrestages der Befreiung von Faschismus und Krieg zu den Orten des Sieges im „Großen Vaterländischen Krieg“ durch russische Motorrad-Freunde die Einreise zu verweigern.
Es ist Zynismus und Heuchelei, wenn es in der in Berlin verbreiteten Erklärung heißt: „Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass der Jahrestag in Würde begangen wird. Wir stellen uns mit Nachdruck gegen jegliche Instrumentalisierung des unermesslichen Leids der Opfer und des Widerstands gegen die Naziherrschaft.“ Genau diese Würde des Erinnerns war und ist das Anliegen des Motorrad-Corsos, der zu Stätten der Kämpfe und den Grabstätten der sowjetischen Soldaten führen soll. Eine „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ geht von dieser Erinnerungsfahrt wahrlich nicht aus.
Mit diesem Vorgehen zeigen die Bundesregierung und die polnische Regierung erneut, in welch perverser Weise sie selbst die geschichtliche Erinnerung instrumentalisieren:
Wir erinnern an das skandalöse Verhalten der polnischen Regierung, den Präsidenten der russischen Föderation nicht zu den Gedenkveranstaltungen zur Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die sowjetische Armee einzuladen.Wir erinnern dabei an die empörenden ahistorischen Äußerungen des polnischen Außenministers, dass Auschwitz von der Ukraine befreit worden sei. Wir erinnern an die von keiner deutschen Regierungsseite zurückgewiesenen Äußerungen des ukrainischen Regierungschefs in Berlin, die Ukraine und Deutschland seien 1945 von Russland besetzt
worden.Und wir erinnern an die Weigerung der Bundeskanzlerin und der polnischen Regierung, die Einladung zur Zeremonie anlässlich des 9. Mai 2015 in Moskau anzunehmen und stattdessen gar eine „Gegen-Zeremonie“ in Polen ins Gespräch zu bringen.
Wer solche geschichtspolitischen Setzungen zulässt beziehungsweise selber macht, hat kein Recht, von der „Würde“ der Jahrestage zu sprechen.
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