Von Colin Derks – Freiburg. Die Piusbruderschaft veranstaltete am Freitag, 10. April, in Freiburg ihren diesjährigen „Marsch für das Leben“. Hunderte Menschen äußerten ihren Protest dagegen und wurden mit aggressiver Polizeigewalt konfrontiert. Auch die Pressefreiheit wurde kurzzeitig außer Kraft gesetzt.
Jedes Jahr das gleiche Spiel
Jedes Jahr im April marschieren in Freiburg die erzreaktionären, klerikalfaschistischen Piusbrüder auf. Ihr „Marsch für das Leben“ spricht Frauen das Recht auf Abtreibung (selbst im Falle einer Vergewaltigung) und generell jedes Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper ab. Dazu versammelten sich die Anhänger der Piusbrüder wie jedes Jahr vor der Geschäftsstelle von „Pro Familia“, einer Organisation, die Frauen in Hinsicht auf Krisen und Abtreibung beratend zur Seite steht, in der Humboldtstraße. Pro Familia ist zwar inzwischen an einen anderen, innenstadtfernen Standort umgezogen, traditionell versammeln sich die Piusbrüder aber trotzdem weiterhin an der ehemaligen Geschäftsstelle. In der Regel nehmen an dem Marsch jedes Jahr 100 bis 150 AbtreibungsgegnerInnen teil.
Seit 2009 finden Proteste und Störversuche von feministischen, antifaschistischen und linken Gruppen in direkter Sicht- und Hörweite statt. Die Polizei sah es jedes Mal als ihre Pflicht an, dem Aufmarsch trotz großen Widerstands mehrerer hundert Menschen mit Faustschlägen, Tritten und Ingewahrsamnahmen den Weg durch die Fußgängerzone frei zu räumen.
Erfolgreiche Sitzblockade verzögert den Aufmarsch
Aus diesem Grund entschlossen sich in diesem Jahr die GegendemonstrantInnen für eine Sitzblockade am Martinstor, etwa 40 Meter hinter dem Startpunkt der Anti-Abtreibungs-Demo. Etwa 70 Menschen beteiligten sich anfangs an der Blockade und auch zufällig vorbeikommende PassantInnen schlossen sich ihr an und setzten sich spontan auf die Straße.
Gleichzeitig fanden sich etwa 150 GegendemonstrantInnen in direkter Nähe zur Auftaktkundgebung der Piusbrüder ein und ließen die schiefen Gebetsgesänge im Lärm von Trillerpfeifen und Sprechchören untergehen. Lediglich 50 Piusbrüder und andere Abtreibungsgegner, angereist aus dem gesamten Südwesten fanden sich zum Marsch ein.
Schon hier wurde Pressefotografen der Zugang zur Kundgebung der Piusbrüder ohne Nennung von Gründen, auch nach mehrmaliger Nachfrage, untersagt. Lediglich eine Polizei-Eskorte einmal die Straße hinauf wurde gestattet, mit je zwei Beamten pro Fotografen.
Nach mehreren Durchsagen, der Androhung von „unmittelbarem Zwang“ und dem Ansprechen des sogenannten „Anti-Konflikt-Teams“ begannen Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) damit, die Blockade mit Hilfe von Tritten, augenscheinlich gezielten Schmerzgriffen und Faustschlägen zu räumen.
Etwa 30 Menschen wurden an dieser Stelle gekesselt und an den Rand der Straße gedrückt. Ihre Personalien wurden anschließend aufgenommen, sie wurden abfotografiert und bekamen einen Platzverweis. Schon im Vorfeld und auch während der Aktionen wurden immer wieder AktivistInnen herausgegriffen und kontrolliert. Als Grund wurden oftmals die Ermittlungen im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Piusbrüder 2013 genannt.
Im weiteren Verlauf befand sich eine große Menge GegendemonstrantInnen vor dem Aufmarsch, welche von Polizeieinheiten geschoben, geschubst und immer wieder auch geschlagen wurden.
Pressefreiheit außer Kraft gesetzt
Auch hier kam es zu teils massiven Angriffen auf Pressevertreter. Ein Beamter der BFE Bruchsal setzte mündlich Artikel 5, Abs. 1, S. 2, Var. 1, des Grundgesetztes (Pressefreiheit) außer Kraft, indem er verlauten ließ, der Fotograf hätte sich sein Grundrecht verspielt, weil er vor der Polizeikette stehe und gegen die Einschränkungen der Pressefreiheit protestiere.
Schon zuvor wurden Pressefotografen geschubst, in den Oberarm gekniffen, angeschrien und in einem Fall wurde einem Fotografen die Kamera während des Fotografierens ins Gesicht geschlagen. Ein Beamter der BFE packte die Kamera vorne am Objektiv und schlug anschließend oben auf die Kamera, zusammen mit der Drohung einer Anzeige, solle ein Foto von ihm im Internet auftauchen.
Durch die Sitzblockade wurde der zeitliche Ablauf des Aufmarsches massiv eingeschränkt und die geplante Route wurde von der Polizei auf ein Minimum gekürzt. Es ging auf direktem Weg zum Kartoffelmarkt, wo immer die Abschlusskundgebung stattfindet. Dort sprachen Redner unter anderem von einem durch Abtreibungen drohenden Volkstod.
Kurz zuvor kam es zu einer brutalen Festnahme durch Beamte der BFE, welche einen jungen Demonstranten aus der Menge herausgriffen, mehrmals auf ihn einschlugen und ihn anschließend auf dem Boden fixierten. Er trug eine Platzwunde am Kopf davon und wurde im Polizeiwagen kurzzeitig bewusstlos, so dass er mit dem Rettungswagen in die Uniklinik gebracht werden musste. Insgesamt wurden 45 GegendemonstrantInnen kurzzeitig in Gewahrsam genommen.
Was die Gewalt gegen Demonstranten in Freiburg angeht, wurde an diesem Freitag eine neue Stufe erreicht. Auch die Einschränkungen und Behinderungen der Pressearbeit haben eine neue Qualität.
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